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Verhandlungstipps für Startups

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Verhandlungen sind meist entscheidend für den Erfolg. Doch wie führen Gründer*innen effektive Verhandlungen mit dem Einkauf? In einem exklusiven Interview teilt Christine Falow wertvolle Verhandlungstipps für Startups, um vorteilhafte Deals und langfristige Partnerschaften zu sichern.

Beim Erstkontakt mit Startups, höre ich sehr oft ein „Wir schauen erst einmal, wie das Gespräch mit dem Kunden so läuft“. Aus meiner Erfahrung ist das ein großer, manchmal fataler Fehler. Warum? Typischerweise haben Startups bei potenziellen Kund*innen nur einen Versuch. Und der Schaden ist groß, wenn Gründer*innen nicht professionell rüberkommen oder womöglich wegen schlechter Vorbereitung oder zu großer Euphorie über einen Deal einem zu niedrigen Preis oder einer ungewollten Exklusivität zustimmen.

Verhandeln ist von Grund auf eine Challenge für die meisten Startups. Hinzu kommt, dass Verhandlungen Alltag für große Unternehmen sind. Nur mal als Zahl: Ich habe in meinen 20 Jahren im Einkauf nahezu 10.000 Verhandlungen geführt. Wegen diesem Ungleichgewicht sind professionelle Vorbereitung und Training essenziell. Genauso, wie man intensiv an seinem Business-Plan feilt, sollten Gründer*innen auch den „Auftritt“ beim Kunden strategisch durchdenken und im Zweifel üben. Wer inhaltlich gut vorbereitet ist, hat aus meiner Erfahrung eine 80% + Chance, eine bestmögliche Verhandlung zu führen. Das ist eine sehr motivierende Erkenntnis. Vor allem, weil der Irrglaube besteht, man müsste für eine Verhandlung unbedingt viele „wilde Tricks und Rhetorik“ anwenden.

DIE RICHTIGE VORBEREITUNG

Mein erster Verhandlungstipp für Startups: Eine solide, professionelle Vorbereitung vor einem Erst-Gespräch:

  • Fakten sammeln – über das Produkt und dessen Wert für den Kunden, das Startup, den Kunden, den Markt usw.
  • Ziele definieren – eigene Verhandlungsziele festlegen und Vermutungen über die des Gegenübers anstellen
  • Szenarien durchspielen – mit welchen unterschiedlichen Konditions-Szenarien kann man seine Ziele erreichen?
  • Strategie festlegen – wie geht man am besten im Meeting vor beziehungsweise reagiert auf Fragen und Forderungen des Kunden.

Für den ersten Punkt habe ich eine Checkliste erstellt, die einem bei der Komplexität hilft.

TYPISCHE VERHANDLUNGSFALLEN

Obwohl es hilfreich ist, einige Verhandlungs-Tricks und Rhetoriken zu kennen, sollten Gründer*innen eher darauf achten, diese bei ihren Verhandlungspartner*innen zu erkennen, anstatt sie selbst anzuwenden. Erfahrene Einkäufer*innen durchschauen das sofort. Zu den häufigsten Fallen gehören das Ausquetschen von Details, um den Preis nachkalkulieren zu können oder sogar, um das Produkt nachzubauen. Als Startup solltest du auf vorgetäuschte Missverständnisse achten. Ein Beispiel dafür wäre: „Ach so, ich hatte verstanden, dass Sie die Muster umsonst zur Verfügung stellen!“ Es ist ratsam, alle Vereinbarungen schriftlich fest zu halten und am Ende des Meetings eine Zusammenfassung zu erstellen. Eine weitere Verhandlungsfalle ist das Ausüben von Zeitdruck. Bei Sätzen wie „Ich muss gleich ins nächste Meeting. Für 50 Euro pro Einheit wäre ich dabei. Ansonsten müssten wir nach meinem Urlaub nochmal ein Meeting organisieren“ darfst du hellhörig werden. Die Gefahr, dass du dem Deal unter Zeitdruck zustimmst, obwohl er nicht deinen Zielen entspricht, ist groß.

VERHANDLUNGSTIPPS FÜR STARTUPS

  1. Ein erster Grundsatz ist: „Don‘t negotiate – present your value proposition!“ Stelle dein Wertversprechen vor, anstatt zu verhandeln. Überzeuge potenzielle Kund*innen, warum sie dein Produkt wählen sollten und welchen Nutzen es für sie bietet.
  2. Zweitens: Gib Zugeständnisse nur im Austausch für Gegenleistungen und berücksichtige dabei verschiedene Szenarien, um den Gesamt-Deal im Blick zu behalten.
  3. Sei bereit, „Nein“ zu Forderungen der anderen Seite zu sagen. Statt ablehnend zu antworten, wiederhole den Wert deines Produktes und kommuniziere, dass deswegen der Preis nötig, marktgerecht oder fair ist.
  4. Ein ungewöhnlicher, aber schwieriger Tipp: Schweige. Präsentiere deine Bedingungen und ertrage gegebenenfalls die Stille danach souverän, ohne endlos zu erklären – denn das könnte letztendlich deine Position schwächen.

VERHANDLUNGEN NACHBEREITEN?

Die Nachbereitung von Verhandlungen ist ein entscheidender Schritt, den Gründer*innen nicht vernachlässigen sollten, auch wenn die Aufregung des Meetings vorbei ist. Versende eine Dankes-E-Mail. Falls im Meeting keine Follow-ups besprochen wurden, ist es ratsam, eigene Vorschläge für weitere Schritte zu machen, um den Kontakt nicht zu verlieren. „Dran bleiben“ ist wichtig.

Über den Autor

Christine Falow war lange Jahre als Leiterin des strategischen Einkaufs globaler Konzerne tätig und gibt ihre Erfahrungen jetzt an „die andere Seite“ weiter. Ihre Mission: Eine erfolgreiche Geschäftsanbahnung möglich machen. „Das potenzielle Geschäft soll nicht an schlechter Vorbereitung, Kommunikation oder Unwissen scheitern – nur an einem wirklichen Misfit der Geschäftspartner.“

cf@christinefalow.com
+49 1525 385 6275
LinkedIn: Christine S. Falow